12 Stunden zuvor…

Bei der letzten Uebernachtung war leider kein Fruehstueck enthalten. Es gab allerdings die Moeglichkeit diesen Fehler fuer 18,-GBP pro Person auszugleichen. Das erschien uns fuer die Gegenleistung von zwei verkohlten Scheiben Toast und halb garem Bacon doch etwas ueberteuert. Die Grenzen der kulinarischen Leistungsfaehigkeit der Kueche durften wir ja gestern beim Diner schon kennenlernen. SB hatte dann die Idee, EIN Fruehstueck auf’s Zimmer liefern zu lassen und gemeinsam Picknick zu veranstalten. Gesagt getan. SN’s Zimmer wurde kurzerhand zur Event-Location ernannt, alle Kaestchen auf der Bestellkarte mehrmals angekreuzt und dann am Tuerknauf fest verzurrt. Als Lieferzeit war 07:30-07:45 markiert worden. Fruehestmoeglicher Zeitpunkt waere 06:00 gewesen. Das wird noch wichtig.

Heute… 07:30

SU und SB gehen mir seit 30min auf die Ketten und schicken abwechselnd im Minutentakt Anfragen, ob das Fruehstueck schon da sei. Nein, ist es nicht. 07:40 SB: „Ruf mal den Kellner an und mach Rabatz!“ Ich waehl mir die Finger wund, aber niemand geht ans Telefon. Dann ruf ich halt mal bei der Rezeption an. Oh, der Kellner wohnt an der Rezeption. Geht immernoch keiner ran. Dann muss ich wohl mal runter. Und ich hatte gehofft, ich koennte bis zur Abreise in meinem Schaf (Superman-Anzug aus Merinowolle) bleiben. Also schon mal komplett in Schale werfen und ab zum Fahrstuhl. Die Rezeption ist nicht besetzt. Eine kurze Ewigkeit spaeter taucht jemand auf und fragt, was mein Begehr sei. Ich erklaere mein Anliegen und weise darauf hin, dass der Slot inzwischen verstrichen ist und weder eine Slot Cancellation Message noch ein Change Request eingegangen waeren. Seine Antwort ist so einfach wie bloed: „No breakfast will be served before 08:00.“ Es ist 07:59, Bloedmann. Ich habe fuer 07:30 bestellt. Ich erklaer‘s ihm noch mal kurz: „Ich habe Haken gemacht bei Null-Sieben-Drei-Null“. Die Antwort: „No breakfast will be served before 08:00.“ Na dann aber flott, ist ja gleich 08:00! „Yes it will be prepared immediately!“ Na gut, dann geh ich wieder hoch, und gleich geht’s los. Von nun an widersprechen sich die SMS von SU und SB. Warten vs Abbrechen, schon mal Kaffee kochen vs Canceln. Mir reicht’s. Nachdem ich vor wenigen Minuten am Front Desk noch Balett gemacht habe, greife ich jetzt zum Hoerer und cancele das Fruehstueck.

Auf dem Weg zum Auschecken kommt mir unser rothaariger Ober vom Vorabend entgegen, beladen mit einem uebervollen Fruehstueckstablett. Ich hoffe, dass das auf mein Zimmer geht, und dass er bis nach oben laeuft, bevor er’s merkt. An der Rezeption werde ich vorsaetzlich nicht danach gefragt, ob alles zu meiner Zufriedenheit gewesen ist. Dafuer ist die Zimmerechnung ca 60,-GBP hoeher als erwartet. Moment, da stimmt doch was nicht. Doreen, 60+, guckt unbeteiligt, unternimmt aber nichts. Ich tanze ihr die Restaurantrechnung vom Vorabend vor. Sie nimmt meine Darbietung gelangweilt zur Kenntnis und kramt in der Vorabend-Restaurantrechnung—Box und findet den Beleg. Ja, da scheint wohl jemand die falschen Daten drauf geschrieben zu haben. Sie war’s anscheinend nicht. Sonst wuerde sie sich ja sicher im Namen des Hotels entschuldigen.

Wir haben die Nase voll und machen uns auf den Weg zur Isle of Skye. Das Wetter koennte uns allerdings noch einen Streich spielen. Deshalb tanzt SU noch schnell einen Regentanz. Und das Wetter haelt. Wir fahren heute zum groessten Teil Strassen, die nur einspurig sind. Die Fahrbahn ist zum Teil so schmal, dass selbst Motorraeder sich nur langsam passieren koennen. Neben uns starren wir in den Abgrund, der Strassenbelag ist abenteuerlich bis gefaehrlich. Es ist genial.

Pausen muessen auch sein. Und so kommen wir an einen netten Spot, der nur mit einer kurzen Offroad-Einlage zu erreichen ist. SB und SN wischen SU‘s Sicherheitsbedenken vom Tisch. Los geht‘s. In der 189-Grad-Schotterkehre bei ca 25% Gefaelle kommt mir bei rutschendem Vorderrad erstmalig der Gedanke, dass SU gar nicht so Unrecht hatte. Wie Recht, das wird sich spaeter zeigen. Auf jeden Fall hat es sich gelohnt und wir sitzen mitten im gruenen an einer alten rostigen Eisenbahnbruecke. SU kann mit seiner Drohne spielen. Und die beiden Anderen koennen etwas entspannen.



Fertig. Es geht schon wieder los. SU hat die tolle Idee, uns beim Bergauffahren zu filmen. SB faehrt problemlos bis nach oben. Ich verreisse meinen Auftritt und bleibe auf halber Hoehe, mitten in der Kurve „haengen“. Das gibt Abzuege in der B-Note. Nicht so schlimm, denke ich. Aber leider haelt die Mopete sich nicht am Hang und rutscht auf dem Schotter, trotz gezogener Bremse, eine halbe Radlaenge zurueck. Schoener Mist. Aber SB kommt zu meiner Rettung und hilft mir aus der Misere. Wenigstens habe ich mich nicht auf die Nase gelegt. SU dagegen faehrt eine Bilderbuch-Kuer und bekommt trotz angespannter Miene nur Bestnoten von der Jury. Applaus. Ich bin am Boden zerstoert. Kurz darauf treffen wir an einem Aussichtspunkt auf Touristen aus der Heimat von SB und SU. Deutsch klingt anders. Mein Uebersetzungscomputer stuerzt ab. Ich bin raus. Von jetzt an nur noch laecheln, keine aktive Beteiligung am Gespraech mehr moeglich. Weiter.

Nachdem wir uns eine gefuehlte Ewigkeit an der extrem kurvenreichen Kuestenstrasse berauscht haben, erreichen wir Applecross. Hier ist ein riesiger Strand mit ebenso riesiger Wiese davor. Es geht eine steife Brise, und wir sind angehalten. Ich darf endlich meinen Lenkdrachen/ Kite auspacken und damit herumfliegen. Ja, wir haben nur die wichtigsten Sachen eingepackt: Drohne, Badehose, Kite, eine Rolle Klopapier, feuchtes Toilettenpapier, Kettenspray, Visierputztuecher, …

Bis zum heutigen Ziel ist es jetzt nicht mehr weit. Nur der Pass ueber die Berge und etwas Reststrecke trennen uns jetzt noch von unserem Abendessen und dem Hotelbett. Es geht bergauf. Die Temperaturen fallen, der Wind nimmt bestaendig zu. Kurz vor dem hoechsten Punkt fahren wir in die Wolke ein und sind im Himmel. Wegen der CATIII-Bedingungen ist jetzt aber nichts mehr zu erkennen. Sichtweite liegt bei unter 100m. Und, anders als bei CATIII ueblich, weht ein stark boeiger Wind, der das Fahren auf der schmalen Strasse zur Herausforderung macht. Nach ein paar Minuten verlassen wir die Wolke nach unten, ohne auch nur feucht geworden zu sein. Der Ausblick ist fantastisch, allerdings nicht unbedingt fuer schwache Nerven geeignet. Ein tolles Erlebnis. Ich frage mich, wer ausser uns, wirklich einen sinnvollen Grund haben koennte, diese Strasse zu fahren. Eine klare Empfehlung fuer alle MoFaFahrer. Die letzten 30min der heutigen Etappe fuehren ueber deutlich breitere und kurvenreduzierte Strassen. Das gibt uns Gelegenheit, Blutdruck und Puls wieder einzufangen

Im Hotel werden wir von einer aelteren Dame, ca 60+, empfangen. Sie macht einen vornehm zurueckhaltenden, britischen Eindruck. Nachdem wir eingecheckt haben und mit unserem Gepaeck in der Hand auf die Treppe steigen, sieht SU, wie sie sich eins grinst. Verdutzt fragt SU, ob sie ueber uns lachen wuerde. Ihre Antwort:“You have crappy motorbikes!“ Ich dachte, ich haette mich verhoert. Habe ich jahrelang eine sinnvolle Bedeutung von “crappy“ uebersehen? Wir fragen besser noch mal nach. Die Antwort bleibt die selbe. Und sie hat schon einen ganz roten Kopf, so amuesiert ist sie. Unseren Gesichtern entnimmt sie den Wunsch nach Aufklaerung. Und die folgt prompt. Miss 1,60m zieht ihrer linken Aermel hoch und praesentiert an ihrem Unterarm ein ca 10cm hohes Tattoo der Motorradmarke Triumph. Wir sind sprachlos, sie amuesiert. Wir lassen uns nichts anmerken, fragen uns aber, ob unsere MoFas hier wirklich sicher sind.

SU sagt, dass es in diesem Hotel spukt. Das wird dann sicher SB sein, der keinen Whisky* mehr bekommen hat. „I‘m afraid the bar is not open on sundays.“ Gute Nacht.

PS: Ein anonymer Leser, danke Dirk, gab uns den Tipp, dass Whiskey anstelle von Whisky einen riesigen Unterschied macht. Zumidest fuer einen Schotten, der wohl niemals auf die Idee kaeme, einen amerikanischen Whiskey zu trinken!

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VonVader