Nachdem das Pulitzer Preiskommitee meine journalistischen Leistungen waehrend unserer Studienreise um die Ostsee sehr positiv bewertet und die Objektivitaet und Aktualitaet meiner Berichterstattung in besonderem Masse gelobt hatte, war es am Ende die geringe Anzahl fotodokumentarischer Inhalte, die eine Nominierung im letzten Jahr nur knapp verhinderte. Daran soll es dieses mal nicht scheitern.
SU hat zu diesem Zweck eine voll autonome mobile Foto-Einheit mit vier Propellern im Gepaeck. Ob und wie diese zum Einsatz kommt, ist noch ungewiss. Aber „dabei ist alles“, um dieses beruehmte Zitat mal leicht zweckentfremdet zu verwenden. Ueberhaupt haben wir dieses mal darauf geachtet, keinen unnoetigen Ballast mitzunehmen. Nicht zuletzt, um Gewicht zu sparen. Dafuer haben wir aber ein zusaetzliches Besatzungsmitglied mit an Bord genommen. Der junge Mann, im weiteren Verlauf SB genannt, ist Teil der dunklen Vergangenheit von SU. Wir fragen also besser nicht genauer nach.
Auf nach Schottland! Wie auch das letzte mal, ist SU fuer das Wetter zustaendig. Bisher hat‘s gut geklappt. Kein Tropfen Regen, dafuer Sonnenschein. Abfahrt bei knapp 5 Grad ueber Null. Am Flughafen intercepten wir SB, der gedankenversunken auf der rechten Spur dahinduempelt. Das nenn ich mal perfektes Timing. Auf den Stopp an der urspruenglich als Treffpunkt vereinbarten Raststaette mag SU aber trotzdem nicht verzichten, nur um festzustellen, dass wir nach EHAM zur Faehre fahren. SB‘s Tankvolumen ist mit ca 300km Reichweite recht ueberschaubar. Daher ist der erste Tankstopp nicht weit.
Bei dieser Gelegenheit stellen wir fest, dass SB seine Fahrzeugpapiere zu Hause gelassen hat. Ueberhaupt scheinen da ein paar Sachen zu fehlen. Dass er BMW faehrt macht die Sache nicht besser. Ich hoffe, dass uns das nicht spaeter noch auf die Fuesse fallen wird.
Unser erster Stopp zur Nahrungsaufnahme fuehrt uns in ein hollaendisches Oekofood-Restaurant. Der Bestellautomat mag mich und mein Plastikgeld aber nicht. Ich muss also am Tresen ordern. Auch gut. Es gibt frittierte Kartoffelstreifen an Salat und Hacksteak mit Sesam-Weizenbrot. Lecker. Spaeter erfahre ich, dass ich die Karten nicht an der Seite durchziehen sondern unten in den Schlitz haette stecken sollen. Dann haette es vielleicht auch mit dem Bezahlen funktioniert.
Das Fahren in Holland ist sehr entspannt. Bis zur Faehre sind es nur noch 100km. Das liegt damit aber auch leider schon im Grenzbereich der Reichweite der BMW. An der Tankstelle muessen wir festellen, dass BMW keine Angaben zum Gesamtfassungsvermoegen der Tanks seiner Motorraeder macht. Oder verschweigt SB uns da irgendetwas? Egal. Das Faehrterminal ist gleich um die Ecke. Mit einem guten Zeitpolster rollen wir entspannt auf die Check-In Haeuschen zu. Waehrend SU und SN umweltbewusst Stueck fuer Stueck in der Warteschlange voranschieben, faehrt unser neues Crewmitglied jede Einzeletappe helmlos mit wehender Maehne. Als wir uns so nach vorne warten, naehert sich eine Gruppe Gesetzloser mit infernalischem Laerm dem Terminal. Es ist schwer auszumachen, ob die Maschinen aelter sind oder deren Fahrer. Klar ist jedoch, dass diese Motorraeder noch aus dem Originalbestand von Rommel‘s Wuestenarmee stammen.
Check in geschafft, warten auf‘s Boarding. In Wuesten-Tarnfleck und sandfarben lackiert und gekleidet walzen sich die Berserker voran. SB fluechtet unter dem Vorwand, einen Kaffee holen zu wollen. Just in dem Moment, wo er mit dem Heissgetraenk wieder zurueck ist, beginnt das Boarding. Fluchend trinkt er den Kaffee halb aus, halb schuettet er ihn ins Hafenbecken. Endlich wird mir klar, warum das Wasser in allen Haefen immer so dreckig ist. SU und ich fahren jedenfalls schon mal an Bord. SB bremst derweil mit seiner Koffeinsucht die Berserker aus und wird aufgrund der Verzoegerung auch noch von uns getrennt. Wir verzurren ordnungsgemaess unsere Mopeten und fixieren sie sicherheitshalber noch mit Schnellkleber. Das dauert etwas, ist aber sicher. Hinter uns senkt sich die Rampe. SU ist natuerlich wieder schneller als ich und bietet sich einer MoFaFahrerin galant als Verzurrgehilfe an, obwohl er keine Ahnung hat. Ihr Mann allerdings auch nicht. Der kaspert naemlich kopflos an seiner Mopete herum. Auf dem oberen Parkdeck kaempft SB um sein Leben. Von Angst getrieben dauert das Verzurren seiner BMW nur zehn Sekunden. Dafuer ist er als erster auf dem Zimmer und kann bei unserer Ankunft ohne Spickzettel den Inhalt der MiniBar aufzaehlen.
Nach einer erfrischenden Dusche, allein und nacheinander, ueberpruefen wir die Sicherheitsvorschriften auf dem Boot und vergeben unser Guetesiegel.
Finde den Fehler! Ja, der faehrt rueckwaerts.
Nachdem das Lotsenboot rueckwaerts eingeparkt hat, geht‘s los. Wir verlassen Europa.
Good bye, Zivilisation.